Gut ein Drittel mehr Fahrgäste in Bussen und Bahnen im 1. Halbjahr 2022

21.09.2022
WIESBADEN (ots) -

* Mehr als doppelt so viele Fahrgäste im Bahnfernverkehr als im Vorjahreszeitraum, aber noch ein Fünftel weniger als vor der Pandemie

* ÖPNV verzeichnet durch Wegfall von Corona-Maßnahmen und Einführung des 9-Euro-Tickets über ein Drittel mehr Fahrgäste

* Im 2. Quartal 2022 sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr besonders starke Zuwächse und längere zurückgelegte Strecken je Fahrgast

Im 1. Halbjahr 2022 waren wieder deutlich mehr Fahrgäste im Linienverkehr mit Bussen und Bahnen unterwegs als im Vorjahreszeitraum. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen mitteilt, war das Fahrgastaufkommen mit fast 4,8 Milliarden Fahrgästen um mehr als ein Drittel (+36 %) höher als im 1. Halbjahr 2021. Hierzu trug neben dem Wegfall von Corona-Maßnahmen auch das im Juni gültige 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr bei. Allerdings lagen die Fahrgastzahlen im Linienverkehr immer noch rund ein Fünftel (-21 %) unter dem Niveau des 1. Halbjahres 2019, dem letzten Halbjahr vor der Corona-Pandemie.

Bahnfernverkehr erholt sich vom coronabedingten Einbruch der Fahrgastzahlen

Besonders stark stiegen im 1. Halbjahr 2022 die Fahrgastzahlen im Linienfernverkehr, der in der Corona-Krise am stärksten zurückgegangen war: Mit 62 Millionen Personen reisten mehr als doppelt so viele Menschen in Fernzügen als im Vorjahreszeitraum (+119 %). Der Linienfernverkehr mit Bussen war im 1. Quartal 2021 fast zum Erliegen gekommen. Nun reisten wieder 2,4 Millionen Fahrgäste in Fernbussen, sieben Mal mehr als im 1. Halbjahr 2021 (+617 %). Insgesamt lag die Zahl der Fernverkehrsreisenden aber immer noch ein Viertel (-25 %) unter dem Vorkrisenniveau des 1. Halbjahres 2019.

Fahrgastaufkommen im ÖPNV vor allem in den Nahverkehrszügen deutlich gewachsen

Im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), der 99 % des Linienverkehrs ausmacht, ist das Fahrgastaufkommen im 1. Halbjahr 2022 nach vorläufigen Ergebnissen um 35 % gewachsen, blieb aber noch 21 % unter dem Vorkrisenniveau. Im Eisenbahnnahverkehr (einschließlich S-Bahnen) wuchs die Zahl der Fahrgäste gegenüber dem Vorjahreszeitraum um mehr als die Hälfte (+55 %) auf fast 1,1 Milliarden. Mit Straßenbahnen fuhren fast 1,6 Milliarden Fahrgäste (+40 %). Die derzeit gemeldeten Daten für den Nahverkehr mit Bussen, der für das 1. Halbjahr 2022 lediglich einen Anstieg von 23 % auf 2,3 Milliarden Fahrgäste aufweist, bilden möglicherweise den tatsächlichen Zuwachs nicht vollständig ab, da nur wenige Busse über automatisierte Fahrgastzählsysteme (AFZS) verfügen, die besonders zuverlässige Angaben liefern.

Starker Fahrgastanstieg insbesondere im 2. Quartal 2022

Die für das gesamte 1. Halbjahr 2022 ermittelten Anstiege der Fahrgastzahlen sind im 2. Quartal 2022 besonders ausgeprägt. Neben der entspannten Corona-Lage führte auch das am 1. Juni 2022 eingeführte 9-Euro-Ticket zu mehr Fahrgästen. Im Liniennahverkehr stiegen die Fahrgastzahlen gegenüber dem Vorjahresquartal um 39 %, wobei Nahverkehrszüge fast zwei Drittel (+64 %) und Busse ein Viertel (+25 %) mehr Fahrgäste beförderten. Noch höher waren die Zuwächse im Linienfernverkehr, der sich mehr als verdoppelte (+133 %), wobei in Fernzügen 125 % mehr Menschen und in Fernbussen sechsmal (+501 %) so viele Personen reisten als im 2. Quartal 2021. Dennoch blieb die Zahl der Fahrgäste im Nah- und Fernverkehr insgesamt auch im 2. Quartal 2022 immer noch 13 % unter dem Vorkrisenniveau des 2. Quartals 2019.

Menschen reisen nicht nur häufiger, sondern auch über längere Strecken

Im Eisenbahnnah- und -fernverkehr waren die Menschen nicht nur häufiger, sondern auch auf längeren Strecken unterwegs. Reisten sie im Bahnnahverkehr im 1. Halbjahr 2021 noch rund 18 Kilometer weit, so waren es im 1. Halbjahr 2022 durchschnittlich 20 Kilometer, wobei im 2. Quartal mit 21 Kilometern längere Strecken als im 1. Quartal zurückgelegt wurden. Hierzu dürfte ab dem 1. Juni auch das 9-Euro-Ticket beigetragen haben. Die Beförderungsleistung im Bahnnahverkehr, also die Summe der von allen Fahrgästen zurückgelegten Kilometer, stieg somit gegenüber den Vorjahreszeiträumen im 1. Halbjahr 2022 um 76 % und im 2. Quartal 2022 um 94 %. Im Bahnfernverkehr übersteigen die durchschnittlichen Reisedistanzen bereits seit dem 3. Quartal 2021 die 300-Kilometer-Marke und sind damit auch höher als vor der Corona-Krise.

Eine starke Zunahme des Bahnverkehrs über Distanzen ab 30 Kilometern im Gültigkeitszeitraum des 9-Euro-Tickets hatte das Statistische Bundesamt jüngst auch in einer experimentellen Sonderauswertung aggregierter und anonymisierter Mobilfunkdaten festgestellt (siehe Pressemitteilung Nr. 377 vom 8. September 2022).

Methodische Hinweise:

Die Angaben der amtlichen Statistik zum Personenverkehr mit Bussen und Bahnen stammen von den rund 800 größeren Unternehmen im Liniennahverkehr mit Bussen und Bahnen und im Linienfernverkehr mit Bussen mit Sitz in Deutschland, die im Jahr der letzten Totalerhebung (2019) mindestens 250 000 Fahrgäste beförderten, sowie von allen Unternehmen mit Bahnfernverkehr. Im Nahverkehr werden Fahrgäste, die während einer Fahrt zwischen den Verkehrsmitteln eines Unternehmens umsteigen, in die Gesamtzahl nur einmal einbezogen, in die nach Verkehrsmitteln untergliederten Angaben jedoch mehrmals. Als Fahrgäste werden sogenannte Beförderungsfälle gezählt. Fahren im Berichtszeitraum Personen mehrfach, werden sie somit auch mehrfach gezählt.

Seit dem 2. Quartal 2020 sind die Angaben der Statistik mit Unsicherheiten behaftet, da automatisierte Fahrgastzählsysteme (AFZS) noch nicht flächendeckend im Einsatz sind und ein Teil der gemeldeten Daten für Zeitkarten-Inhaberinnen und -Inhaber im Nahverkehr auf der Annahme Nutzungshäufigkeiten unter Normalbedingungen, nicht aber unter den Bedingungen in der Corona-Pandemie oder - im 2. Quartal 2022 - des 9-Euro-Tickets beruhen. Allerdings liegen die in dieser Pressemitteilung veröffentlichten Ergebnisse für Eisen- und Straßenbahnen in einem ähnlichen Bereich wie die Ergebnisse einer Sonderanalyse von Daten von Unternehmen, die AFZS einsetzen (siehe Pressemitteilung Nr. 333 vom 5. August 2022). Da im Eisen- und Straßenbahnverkehr AFZS häufiger eingesetzt werden, werden diese Daten als relativ belastbar eingeschätzt, es kann aber auch hier noch zu Revisionen kommen. In Bussen kommen AFZS noch recht selten zum Einsatz, daher sind die Aussagen zum Busverkehr unsicherer.

Aufgrund einer Neufestlegung des Berichtskreises ab dem 1. Quartal 2021 wurden Veränderungsraten zum Jahr 2019 durch Verkettung ermittelt, also durch die Multiplikation der Veränderungsraten der Jahre 2019 zu 2020, 2020 zu 2021 sowie 2021 zu 2022. Dabei wurde die Veränderungsrate 2020 zu 2021 anhand der im Berichtskreis verbleibenden Unternehmen berechnet und auf die neuen Unternehmen im Berichtskreis übertragen. Sobald aus der Jahreserhebung 2021 finale Werte für die neuen Unternehmen vorliegen, können die Veränderungsraten noch genauer berechnet werden. Somit sind diese Veränderungsraten vorläufig.

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse zum Personenverkehr in Bussen und Bahnen im 1. Halbjahr 2022 und im 2. Quartal 2022 bieten entsprechende Tabellen auf der Themenseite "Personenverkehr" im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Basisdaten und lange Zeitreihen nach Quartalen zum Personenverkehr mit Bussen und Bahnen sind über die Tabellen "Beförderte Personen, Beförderungsleistung (46181-0005 und 46181-0015) in der Datenbank GENESIS-Online abrufbar.

Nach Verkehrsmitteln gegliederte Daten zur Entwicklung der bundesweiten Mobilität auf Distanzen ab 30 Kilometern bietet das Statistische Bundesamt täglich neu im Bereich "Mobilitätsindikatoren auf Basis von Mobilfunkdaten" seines Internetangebots. Mit den Sonderauswertungen anonymisierter und aggregierter Mobilfunkdaten erschließt das Statistische Bundesamt neue digitale Datenquellen. Sie sind Teil des Angebots "EXDAT - Experimentelle Daten" (www.destatis.de/exdat).

Diese Pressemitteilung ist, gegebenenfalls ergänzt mit weiteren Informationen und Verlinkungen zum Thema, veröffentlicht unter www.destatis.de/pressemitteilungen.

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