EU-Parlament

Mehr Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten

22.11.2022
Straßburg (ots) -


- 40 % der Aufsichtsratsposten für das unterrepräsentierte Geschlecht ab 2026
- Abschreckende Strafen für börsennotierten Firmen, die die Regeln nicht einhalten
- Ausgenommen sind Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten

Das Video zum Thema finden Sie im Newsroom des Europäischen Parlaments unter https://www.presseportal.de/nr/106967

Bis Ende Juni 2026 müssen alle großen börsennotierten Unternehmen in der EU dafür sorgen, dass es mehr Frauen in ihren Führungsetagen gibt. In Straßburg verabschiedete das Europäische Parlament dazu eine neue EU-Richtlinie.

Am Dienstag nahm das Parlament die Richtlinie über Frauen in Aufsichtsräten an - zehn Jahre nach der erstmaligen Vorlage des Vorschlags. Mit der Richtlinie will man transparente Einstellungsverfahren in Unternehmen erreichen. Bis Ende Juni 2026 sollen mindestens 40 % der Aufsichtsräte (nicht geschäftsführende Direktor*innen) oder 33 % aller Unternehmensleitungsposten von dem unterrepräsentierten Geschlecht besetzt werden. Jeder EU-Mitgliedsstaat kann sich für eine der beiden Option entscheiden.

In den neuen Vorschriften heißt es, Auswahlverfahren müssen transparent sein, das wichtigste Kriterium bleibe aber auch künftig die Qualität der Bewerber*innen. Börsennotierte Unternehmen müssen den zuständigen Behörden einmal jährlich Informationen über die Vertretung von Frauen und Männern in ihren Leitungsorganen (Aufsichtsräte und Vorstände) vorlegen. Wenn sie die gesetzten Ziele nicht erreicht haben, müssen sie mitteilen, wie sie diese erreichen wollen. Diese Informationen werden auf der Website des Unternehmens in leicht zugänglicher Form veröffentlicht.

Für kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten gilt die Richtlinie nicht.

Strafen

Die Mitgliedstaaten müssen wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Strafen wie Geldbußen für Unternehmen vorsehen, in denen es keine offenen und transparenten Einstellungsverfahren gibt. Wenn der von dem jeweiligen Unternehmen ausgewählte Vorstand oder Aufsichtsrat gegen die Grundsätze der Richtlinie verstößt, könnte er von einem Gericht für nichtig erklärt werden.

Zitate der Berichterstatterinnen

Die Ko-Berichterstatterin Evelyn Regner (https://www.europarl.europa.eu/meps/de/96998/EVELYN_REGNER/home) (S&D, Österreich) erklärte:

"Dies ist ein Mosaikstein von vielen, aber ein ganz wichtiger. Wir geben Frauen endlich eine faire Chance in Spitzenpositionen von Unternehmen zu gelangen. Frauen sind klug, sie sind innovativ und sie sind einfach zu vielem fähig."

Die Ko-Berichterstatterin Lara Wolters (https://www.europarl.europa.eu/meps/de/5392/LARA_WOLTERS/home) (S&D, Niederlande) sagte:

"Nachdem es 10 Jahre eine Blockade gegeben hat, ist es nun gelungen. Wir haben Hindernisse in den Mitgliedstaaten überwunden, die aus Prinzip nichts für die Gleichstellung machen wollten oder die meinten, das Ganze würde sich schon von selbst regeln. Unternehmen in der EU müssen nun für ausgewogene Vorstände und Aufsichtsräte sorgen und wenn sie scheitern, werden wir sie zur Verantwortung ziehen können."

Nächste Schritte

Nachdem Parlament und Rat die Einigung nun formell gebilligt haben, tritt die Richtlinie 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die Mitgliedstaaten müssen die Vorschriften innerhalb von zwei Jahren umsetzen. Unternehmen müssen die Quoten bis zum 30. Juni 2026 anwenden.

Hintergrundinformationen

Die Europäische Kommission legte ihren Vorschlag erstmals 2012 vor, und das Europäische Parlament nahm seine Verhandlungsposition (https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20131118IPR25532/40-der-sitze-in-aufsichtsraten-fur-frauen) bereits 2013 an. Das Dossier war im Rat vor allem auf Betreiben Deutschlands fast ein Jahrzehnt lang blockiert, bis sich die Minister*innen für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten im März 2022 schließlich auf einen Standpunkt (https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/03/14/les-etats-membres-arretent-leur-position-sur-une-directive-europeenne-visant-a-renforcer-l-egalite-entre-les-femmes-et-les-hommes-dans-les-conseils-d-administration/) einigten. Die Verhandlungsführer*innen von Parlament und Rat erzielten im Juni eine Einigung (https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20220603IPR32195/women-on-boards-deal-to-boost-gender-balance-in-companies).

Zurzeit sind lediglich 30,6 % der Vorstandsmitglieder (https://institutdelors.eu/en/publications/cap-sur-la-parite-dans-les-instances-dirigeantes-des-entreprises-europeennes/) in den größten börsennotierten Unternehmen der EU Frauen, wobei es in den Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede gibt (in Frankreich sind es 45,3 %, in Zypern 8,5 %). Zwar nimmt der Frauenanteil in Vorständen zu, doch Frauen stellen auch 2022 noch immer weniger als 10 % der Vorstandsvorsitzenden bzw. Geschäftsführerinnen der größten börsennotierten Unternehmen in den EU-Staaten (https://eige.europa.eu/news/more-women-company-boards-needed-new-eige-data-shows-sluggish-progress).

Links

Merkblatt zu den Verfahrensschritten

https://ots.de/xe9p6J

Die größten börsennotierten Unternehmen Vorstandsvorsitzende, Vorstandsmitglieder und Arbeitnehmervertreter (Daten pro Land, Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen)

https://ots.de/ZS0dhR

Studie des Europäischen Parlaments: Politische Strategien der Mitgliedstaaten im Hinblick auf Frauen in Leitungsorganen und deren Auswirkungen auf die Corporate Governance

https://www.europarl.europa.eu/thinktank/de/document/IPOL_STU(2021)700556

Das Video zum Thema finden Sie im Newsroom des Europäischen Parlaments unter https://www.presseportal.de/nr/106967

Nutzungsrechte: Honorarfreie Verwendung im Kontext der redaktionellen Berichterstattung. Bearbeitung, Umschnitt und Verwendung von Auszügen nur nach Genehmigung.

Pressekontakt:



Thilo KUNZEMANN
Europäisches Parlament
Pressereferent in Deutschland
(+49) 30 2280 1030
(+49) 171 388 4775
thilo.kunzemann@europarl.europa.eu
presse-berlin@europarl.europa.eu

Bernhard SCHINWALD
Pressereferent in Österreich
(+43) 660 3737 367
bernhard.schinwald@europarl.europa.eu

Judit HERCEGFALVI
Pressereferentin in Deutschland
(+49) 30 2280 1080
(+49) 177 323 5202
judit.hercegfalvi@europarl.europa.eu
presse-berlin@europarl.europa.eu


Original-Content von: Europäisches Parlament, übermittelt durch news aktuell

Artikel teilen