07.11.2024
Berlin (ots) -
Rückläufige Gründungszahlen, demographischer Wandel und überholte Geschäftsmodelle hinterlassen ihre Spuren bei den Insolvenzen. Die Entwicklung kommt nicht unerwartet. Vor einer Insolvenzwelle steht die deutsche Wirtschaft weiterhin nicht.
Die Insolvenzzahlen steigen. Seit eineinhalb Jahren kontinuierlich. Der Blick auf die Zahlen sorgt für große Unruhe - steht die deutsche Wirtschaft seit der Coronapandemie und dem Ausbruch des Ukrainekriegs doch unzweifelhaft vor großen Herausforderungen. Oft werden die Insolvenzzahlen als Indikator für die schlechte Wirtschaftslage angeführt. Schon seit März 2020 wird von vielen deshalb eine große Insolvenzwelle prognostiziert. Doch die Entwicklung der Insolvenzzahlen der letzten Jahre bestätigt diese Prognose nicht.
"Schaut man sich die langjährige Entwicklung der Insolvenzen an, dann erreichen wir nicht annähernd die Zahlen, wie wir sie zu Zeiten der Finanzkrise gesehen haben", führt Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) an. "Dies hängt auch mit den abnehmenden Gründungszahlen zusammen. Historisch waren über viele Jahrzehnte junge Unternehmen überdurchschnittlich häufig von Insolvenzen betroffen", so Niering weiter. Gerade in den ersten fünf Jahren nach Gründung besteht für Unternehmen die höchste Insolvenzgefahr. Rückläufige Unternehmensgründungen führen unmittelbar auch zu entsprechend weniger Unternehmensinsolvenzen.
Neu ist, dass die Branchen, die derzeit besonders von Insolvenzen betroffen sind, nicht mehr mit ein und derselben Ursache zu kämpfen haben. Eine allgemeine Konsumflaute erklärt nicht mehr die wirtschaftliche Schieflage. "Stattdessen hinterlassen Transformationsprobleme, demographischer Wandel und überholte Geschäftsmodelle ihre Spuren bei den Insolvenzen. Spürbar, aber eben nicht unerwartet oder dramatisch", so der VID-Vorsitzende. In der Automobilbranche finden Veränderungsprozesse schneller statt als bisher angenommen. Der stationäre Einzelhandel hat bisher keine Antwort auf den Online-Handel gefunden. In der Gastronomie und Hotellerie finden durch Insolvenzen Bereinigungsprozesse statt: Schlechte oder saisonale Arbeitszeit mit geringer Entlohnung sind keine attraktiven Angebote für Arbeitssuchende. "Die Gründe sind nicht neu. Sie bestanden oft schon vor der Corona-Pandemie. Die Beihilfen haben den Insolvenzprozess nur hinausgezögert und Veränderungsprozesse aufgehalten. Viele haben gehofft, dass sie mit ihren alten Geschäftsmodellen an das Vorher anknüpfen können", meint Niering.
Selten sehe man Unternehmen, die top aufgestellt und nun durch eine allgemeine Nachfrageschwäche in die Insolvenz gegangen seien. "Die meisten insolventen Unternehmen haben kein tragfähiges Geschäftsmodell oder sind nicht durchfinanziert. Nach wie vor sind zwei Drittel aller Insolvenzen auf Managementfehler zurückzuführen.", so Niering.
Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID)
Manuela Doss, Pressereferentin
Am Zirkus 3
10117 Berlin
Fon: 030 20 45 55 25
Mobil: 0170 524 32 29
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Rückläufige Gründungszahlen, demographischer Wandel und überholte Geschäftsmodelle hinterlassen ihre Spuren bei den Insolvenzen. Die Entwicklung kommt nicht unerwartet. Vor einer Insolvenzwelle steht die deutsche Wirtschaft weiterhin nicht.
Die Insolvenzzahlen steigen. Seit eineinhalb Jahren kontinuierlich. Der Blick auf die Zahlen sorgt für große Unruhe - steht die deutsche Wirtschaft seit der Coronapandemie und dem Ausbruch des Ukrainekriegs doch unzweifelhaft vor großen Herausforderungen. Oft werden die Insolvenzzahlen als Indikator für die schlechte Wirtschaftslage angeführt. Schon seit März 2020 wird von vielen deshalb eine große Insolvenzwelle prognostiziert. Doch die Entwicklung der Insolvenzzahlen der letzten Jahre bestätigt diese Prognose nicht.
"Schaut man sich die langjährige Entwicklung der Insolvenzen an, dann erreichen wir nicht annähernd die Zahlen, wie wir sie zu Zeiten der Finanzkrise gesehen haben", führt Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) an. "Dies hängt auch mit den abnehmenden Gründungszahlen zusammen. Historisch waren über viele Jahrzehnte junge Unternehmen überdurchschnittlich häufig von Insolvenzen betroffen", so Niering weiter. Gerade in den ersten fünf Jahren nach Gründung besteht für Unternehmen die höchste Insolvenzgefahr. Rückläufige Unternehmensgründungen führen unmittelbar auch zu entsprechend weniger Unternehmensinsolvenzen.
Neu ist, dass die Branchen, die derzeit besonders von Insolvenzen betroffen sind, nicht mehr mit ein und derselben Ursache zu kämpfen haben. Eine allgemeine Konsumflaute erklärt nicht mehr die wirtschaftliche Schieflage. "Stattdessen hinterlassen Transformationsprobleme, demographischer Wandel und überholte Geschäftsmodelle ihre Spuren bei den Insolvenzen. Spürbar, aber eben nicht unerwartet oder dramatisch", so der VID-Vorsitzende. In der Automobilbranche finden Veränderungsprozesse schneller statt als bisher angenommen. Der stationäre Einzelhandel hat bisher keine Antwort auf den Online-Handel gefunden. In der Gastronomie und Hotellerie finden durch Insolvenzen Bereinigungsprozesse statt: Schlechte oder saisonale Arbeitszeit mit geringer Entlohnung sind keine attraktiven Angebote für Arbeitssuchende. "Die Gründe sind nicht neu. Sie bestanden oft schon vor der Corona-Pandemie. Die Beihilfen haben den Insolvenzprozess nur hinausgezögert und Veränderungsprozesse aufgehalten. Viele haben gehofft, dass sie mit ihren alten Geschäftsmodellen an das Vorher anknüpfen können", meint Niering.
Selten sehe man Unternehmen, die top aufgestellt und nun durch eine allgemeine Nachfrageschwäche in die Insolvenz gegangen seien. "Die meisten insolventen Unternehmen haben kein tragfähiges Geschäftsmodell oder sind nicht durchfinanziert. Nach wie vor sind zwei Drittel aller Insolvenzen auf Managementfehler zurückzuführen.", so Niering.
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