Privatinsolvenz

Bedingungen - Ablauf - Kosten

22. August 2022

Die Privatinsolvenz ist für viele Menschen mit Schulden der letzte Ausweg. Doch schon bei der Beantragung gibt es gewisse Voraussetzungen, die zuvor erfüllt sein müssen. Zudem gelten für Selbstständige besondere Bedingungen. Fraglich ist auch, wer die Kosten hierfür übernimmt. All diese Fragen sollen nachfolgend im Ratgeber beantwortet werden.

 

Welche Bedingungen müssen erfüllt sein?

Das Vorhaben eine Privatinsolvenz zu beantragen, ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, die zuvor erfüllt sein müssen. Zunächst ist es erforderlich, dass der Betroffene (der auch als Schuldner bezeichnet wird) zahlungsunfähig ist. Außerdem muss eine Überschuldung vorliegen.

Die meisten nehmen in diesem Fall als ersten Schritt eine Schuldnerberatung in Anspruch, die dabei helfen soll, einen Ausweg aus den Schulden zu finden. Zudem muss ein Versuch unternommen werden, sich außergerichtlich mit den Gläubigern zu einigen. Kommt es dabei nicht zur Einigung oder ist die Beratung bei der Schuldnerberatung ergebnislos, ist die Möglichkeit gegeben, ein gerichtliches Insolvenzverfahren einzuleiten.

Das Insolvenzverfahren im Allgemeinen ermöglicht es, dass bereits nach drei Jahren eine Schuldenfreiheit möglich ist. Bis zum Mai 2021 waren es noch sechs Jahre, nach denen eine Restschuldbefreiung möglich war.

Entgegen der Annahme mancher, dass für die Anmeldung eine Mindesthöhe an Schulden vorhanden sein muss, gibt es diesbezüglich keinerlei Richtlinie. Prinzipiell kann jede Überschuldung eine Privatinsolvenz rechtfertigen. Viel wichtiger dagegen ist, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist.

 

Wer kann eine Privatinsolvenz beantragen?

Die Privatinsolvenz ist ein Verfahren, welches nur einem bestimmten Personenkreis offensteht. Dementsprechend kann nicht jeder dieses Vorgehen in Anspruch nehmen. Privatinsolvenz anmelden können:

 

  • Privatpersonen
  • ausländische Privatpersonen mit deutschem Wohnsitz

 

In erster Linie ist es dabei nicht ausschlaggebend, ob die betreffende Person erwerbstätig ist oder nicht. Sonderregelung für ehemalige Selbstständige

Unternehmen oder Selbstständige durchlaufen für gewöhnlich die Regelinsolvenz, sofern sich Schulden anhäufen und man diese nicht mehr begleichen kann. Es gibt jedoch eine Ausnahme, die besonders ehemalige Selbstständige betrifft. Details hierzu findet man im Paragrafen 304 der Insolvenzverordnung.

Diese besagt, dass ehemalige Selbstständige durchaus Privatinsolvenz anmelden dürfen, wenn:

 

  • nicht mehr als 19 Gläubiger vorhanden sind
  • keinerlei Forderungen aus ehemaligen Arbeitsverhältnissen bestehen

 

Zu den Forderungen aus ehemaligen Arbeitsverhältnissen können zum Beispiel Schulden bei Sozialversicherungsträgern oder das Finanzamt gezählt werden. Ist die Zahl von 19 Gläubigern überschritten, muss der Schuldner eine Regelinsolvenz durchlaufen.

 

Weitere Voraussetzung: Außergerichtlicher Einigungsversuch mit Gläubigern

In vielen Fällen wird der außergerichtliche Einigungsversuch mit den Gläubigern unterschätzt und sofort an ein Insolvenzverfahren gedacht. Doch häufig sind Gläubiger durchaus gewillt, das Problem außergerichtlich zu regeln und eine Einigung mit dem Schuldner zu erzielen.

Der Sinn und Zweck dieses Vorgehens liegt auch darin, dass die Gläubiger dank dieser Vorgehensweise am Ende in der Regel mehr Geld erhalten, als es bei einem Insolvenzverfahren der Fall ist.

Um diesen Schritt zu gehen, wird meist zusammen mit der Schuldnerberatung gemeinsam ein Schreiben entwickelt, welches an die Gläubiger versendet wird. Im Anschluss erstellt der Schuldner einen Schuldenbereinigungsplan, auf dem detailliert aufgeführt ist, wie die Einigung mit den Gläubigern verlief und wie die jeweiligen Raten zur Abzahlung der Schulden aussehen.

Tipp: Ein entsprechender Nachweis über dieses außergerichtliche Einigungsverfahren kann auch mit Hilfe eines Anwalts oder Steuerberaters erstellt werden. Diese stehen auch bei Fragen rund um das weitere Vorgehen zur Verfügung.

 

Beantragung des Insolvenzverfahrens

Scheitern sämtliche Versuche, eine Einigung mit den Gläubigern zu finden, wird das Insolvenzverfahren eingeleitet. Dieses wird beim zuständigen Gericht gestellt. Im gleichen Atemzug nutzen die meisten Schuldner die Möglichkeit, eine Restschuldbefreiung zu beantragen. Diese gewährleistet, dass nach Ablauf der vorgegebenen drei Jahre sämtliche dann noch offenen Schulden erlassen werden.

Das Gericht fordert vom Schuldner bei der Antragstellung zahlreiche Unterlagen. Mit dazu gehören sowohl persönliche als auch wirtschaftliche Informationen, die ihn betreffen. Hier einmal eine Liste zur Übersicht:

 

  • Liste mit Gläubigern und Forderungen
  • Vermögensübersicht
  • Belege über laufendes Einkommen und Vertrag vom Arbeitgeber
  • Schuldenbereinigungsplan
  • Plan zur Abzahlung (inklusive fester oder flexibler Raten, sowie Einmalzahlungen)
  • Übersicht über Konten, vorhandene Wertpapiere oder Forderungen
  • Liste mit Übersicht zu vorhandenem Hausrat, Fahrzeugen oder Mobiliar, sowie aller Wertgegenstände
  • Versicherungsverträge, sowie Erbschaftsverträge
  • Unterlagen zu weiterem Eigentum wie Grundstücken, Eigentumswohnungen oder Erbbraurechten
  • Belege zu vorhandenen Aktien oder Genussrechten
  • Liste mit detaillierter Darstellung der regelmäßigen Verpflichtungen

 

Wichtig ist bei sämtlichen Angaben, dass sie wahrheitsgemäß abgegeben werden. Schleichen sich Fehler ein oder wird eine falsche Angabe gemacht, lehnt das Gericht ein Insolvenzverfahren ab. Um dies zu vermeiden, hilft am besten ein Anwalt, der sich auf Insolvenzrecht spezialisiert hat dabei, sämtliche Unterlagen zusammenzustellen.

 

Wer zahlt die Kosten für das Gerichtsverfahren?

Ein Insolvenzverfahren zieht immer gewisse Kosten nach sich, die grundsätzlich vom Schuldner beglichen werden müssen. Hierbei kommen die folgenden Posten zusammen:

 

  • Gerichtskosten
  • Kosten für einen Insolvenzverwalter, Anwalt, Schuldnerberatung, Steuerberater, etc.

 

Die Sicherheit, dass sämtliche Kosten hierfür in jedem Fall getilgt werden, ist ebenfalls eine Voraussetzung zur Durchführung des Privatinsolvenzverfahrens.

In erster Linie ist es so, dass die Insolvenzverwalter stets darum bemüht sind, diese Kosten aus dem Erlös der Insolvenzmasse zu tilgen. Sollte dies nicht möglich sein, kann der Schuldner gemäß Paragraf 4a, Absatz 1 der Insolvenzverordnung eine Stundung der Verfahrenskosten beantragen. Auf diesem Weg wird gewährleistet, dass diese Voraussetzung ebenfalls erfüllt ist und dem Privatinsolvenzverfahren nichts im Weg steht.

 

Nächster Schritt - Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren

Sind sämtliche Unterlagen und Voraussetzungen vorhanden, leitet das Gericht das sogenannte Schuldenbereinigungsverfahren ein. In diesem Schritt wird der Schuldenbereinigungsplan an die Gläubiger weitergeleitet. Dies ist der letzte Versuch, um eine anderweitige Einigung mit den Gläubigern zu erzielen.

Wird der Plan jedoch abgelehnt, leitet das Gericht das eigentliche Insolvenzverfahren ein. Mit diesem Schritt erlangt ein Insolvenzverwalter den Zugang zu sämtlichen Unterlagen und bewertet das Vermögen des Schuldners. Sind Wertgegenstände vorhanden, werden diese veräußert und der Erlös unter den Gläubigern aufgeteilt.

Der übrig gebliebene Schuldenbetrag wird anschließend nach und nach vom Schuldner getilgt. Eine gute Richtlinie hierbei bietet die Pfändungstabelle, in welcher sämtliche Raten abgefasst sind, die der Schuldner an die Gläubiger zu entrichten hat.

In dieser sogenannten Wohlverhaltensphase behält der Schuldner einen gewissen Betrag seiner Einkünfte zurück, den er für seinen eigenen Unterhalt benötigt. Die Grenze zur Tilgung der monatlichen Zahlungen liegt seit dem 01. Juli 2021 bei 1.252,64 Euro netto. Ist der Schuldner dazu verpflichtet, Unterhaltskosten zu zahlen, steigt die Grenze.

 

Welche Pflichten hat der Schuldner während der Wohlverhaltensphase?

Neben den monatlichen Zahlungen hat der Schuldner noch andere Pflichten, die er erfüllen muss, um einen guten Willen bei der Abzahlung seiner Schulden zu zeigen.

Mit dazu gehört nicht nur, dass er eine bedingungslose Bereitschaft besitzen muss, um seine vorhandenen Wertgegenstände zu veräußern. Des Weiteren ist er dazu verpflichtet, Erbschaften anzumelden und mindestens zur Hälfte dazu einzusetzen, die vorhandenen Schulden abzuzahlen.

Ist er arbeitslos, sollte er sich um eine Anstellung bemühen. Besteht dagegen die Beschäftigung in ein Arbeitsverhältnis, muss er ständig bemüht darum sein, dieses aufrecht zu erhalten. Es dürfen keinerlei neue Schulden aufgenommen werden. Änderungen in Bezug auf das Vermögen, sowie die Lebensumstände sind umgehend dem zuständigen Treuhänder mitzuteilen. Mit dazu gehört auch ein Umzug, sowie ein Wechsel der Arbeitsstätte.

 

Wie wird das Insolvenzverfahren abgeschlossen?

Nach Ablauf der vorgegebenen drei Jahre müssen Gläubiger und Treuhänder vor Gericht erscheinen und aussagen, wie sich der Schuldner während seiner Wohlverhaltensphase entwickelt hat. Hat er sämtliche Schulden nach Plan abgezahlt und seine Pflichten erfüllt? Wenn dies der Fall ist, wird das Insolvenzverfahren geschlossen.

Der Schuldner genießt nun die sogenannte Restschuldbefreiung und hat faktisch keinerlei Schulden mehr.

Weitere Informationen finden Sie hier.

 

 

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