Die Digitalisierung administrativer Prozesse betrifft insbesondere die Rechnungsstellung. Seit der Einführung gesetzlicher Vorgaben zur elektronischen Rechnung haben sich technische Standards wie ZUGFeRD und XRechnung etabliert. Diese Entwicklung stellt Selbstständige und kleine Unternehmen vor die Aufgabe, geeignete Softwarelösungen zu wählen, die rechtlichen Anforderungen entsprechen und gleichzeitig effizient in der Praxis eingesetzt werden können.
Rechtlicher Rahmen für elektronische Rechnungen
In Deutschland ist die E-Rechnung durch verschiedene gesetzliche Grundlagen definiert. Relevante Vorgaben ergeben sich vor allem aus der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form) sowie dem ERechV (Verordnung über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen). Seit dem 27. November 2020 sind öffentliche Auftraggeber auf Bundesebene verpflichtet, elektronische Rechnungen zu akzeptieren. In vielen Bundesländern gelten inzwischen vergleichbare Regelungen für Landesbehörden und kommunale Einrichtungen.
Seit 1. Januar 2025 besteht zudem eine verpflichtende Nutzung elektronischer Rechnungen im B2B-Bereich. Unternehmen müssen strukturierte E-Rechnungen ausstellen und empfangen können, sofern beide Vertragspartner in Deutschland ansässig sind und die Rechnung dem Umsatzsteuergesetz unterliegt. Diese Neuerung betrifft Selbstständige, Freiberufler, kleine und mittlere Unternehmen ebenso wie größere Betriebe und ist Teil der nationalen Umsetzung der europäischen Vorgaben zur Digitalisierung des Rechnungswesens.
Die elektronische Rechnung ersetzt dabei nicht lediglich das PDF-Dokument per E-Mail, sondern verlangt ein strukturgebundenes Format wie ZUGFeRD oder XRechnung, das maschinell verarbeitet werden kann. Für Unternehmen bedeutet das eine grundlegende Umstellung bisheriger Abläufe in der Rechnungsstellung und -verarbeitung.
Standards: ZUGFeRD und XRechnung
Zwei Formate haben sich etabliert: ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland) und XRechnung. Während ZUGFeRD ein hybrides Format ist, das sowohl maschinenlesbare XML-Daten als auch ein visuelles PDF enthält, handelt es sich bei XRechnung um ein rein strukturiertes XML-Datenformat, das speziell für die öffentliche Verwaltung entwickelt wurde.
Beide Formate erfüllen die Anforderungen an maschinelle Weiterverarbeitung und rechtssichere Archivierung. Daher ist es essenziell, dass eine Softwarelösung die Unterstützung dieser Standards gewährleistet.
Auswahlkriterien für E-Rechnungs-Software
Bei der Entscheidung für ein passendes Tool sind daher mehrere Kriterien zu berücksichtigen:
- GoBD-Konformität: Die Software muss die gesetzlichen Anforderungen an Nachvollziehbarkeit, Unveränderbarkeit und Archivierung erfüllen.
- Unterstützung gängiger Formate: Eine Lösung sollte sowohl ZUGFeRD als auch XRechnung unterstützen, um flexibel auf Anforderungen verschiedener Auftraggeber reagieren zu können.
- DSGVO-konforme Datenverarbeitung: Insbesondere bei Cloud-Lösungen muss die Einhaltung europäischer Datenschutzstandards gewährleistet sein.
- Benutzerfreundlichkeit: Selbstständige und KMUs benötigen intuitive Bedienoberflächen ohne aufwendige Schulungen.
- Skalierbarkeit: Die Software sollte mit dem Unternehmen mitwachsen können und auch bei wachsendem Belegvolumen stabil bleiben.
- Schnittstellen und Integrationen: Einfache Anbindung an Buchhaltung, Steuerberater und Banking-Systeme erhöht die Effizienz.
Typische Einsatzszenarien im Alltag
In der Praxis wird eine E-Rechnungslösung meist in drei Prozessen eingesetzt: Rechnungserstellung, Rechnungsversand und Archivierung. Ein selbstständiger Grafikdesigner erstellt beispielsweise monatlich Rechnungen für mehrere Kunden. Mit einer geeigneten Software lassen sich Rechnungsdaten aus Projekten automatisch übernehmen, strukturierte E-Rechnungen erzeugen und direkt per E-Mail oder über Plattformen wie Peppol versenden.
Ein kleines Bauunternehmen, das öffentliche Aufträge ausführt, ist verpflichtet, Rechnungen im XRechnung-Format einzureichen. Eine Softwarelösung mit integrierter Formatprüfung und Versandfunktion über zertifizierte Kanäle sorgt hier für gesetzeskonforme Prozesse ohne zusätzlichen Aufwand.
Übersicht geeigneter Softwarelösungen
Folgende Tools erfüllen die oben genannten Anforderungen und bieten sich für den Einsatz in kleinen und mittleren Unternehmen sowie bei Selbstständigen an:
Lexware Office
Die cloudbasierte Lösung aus Deutschland bietet vollständige GoBD-Konformität, DSGVO-gerechte Datenhaltung in zertifizierten Rechenzentren und unterstützt ZUGFeRD. XRechnung kann über eine Partnerintegration ebenfalls umgesetzt werden. Lexware Office eignet sich besonders für Freiberufler und kleinere Unternehmen, die Wert auf eine einfache Benutzeroberfläche und automatisierte Buchhaltung legen.
Billomat
Billomat richtet sich an Selbstständige und kleine Unternehmen, die ein skalierbares Rechnungs- und Buchhaltungssystem benötigen. Das Tool erfüllt alle relevanten Standards inklusive GoBD, ZUGFeRD und DSGVO. XRechnung wird über externe Schnittstellen ermöglicht. Die Software bietet zudem ein übersichtliches Kunden- und Projektmanagement.
FastBill
Diese Lösung bietet einen hohen Automatisierungsgrad in der Belegerfassung und Rechnungsstellung. ZUGFeRD und XRechnung werden abgedeckt. GoBD-konforme Archivierung und Datenschutz gemäß DSGVO sind ebenfalls gewährleistet. FastBill eignet sich für Nutzer mit hohem Rechnungsvolumen und Bedarf an Integration mit Drittanwendungen.
Zervant
Zervant bietet eine intuitive Oberfläche und ist vor allem für Selbstständige konzipiert, die hauptsächlich nur Rechnungen schreiben. Die Lösung unterstützt ZUGFeRD- sowie XRechnung-konforme Formate und ist in Deutschland DSGVO-konform. Die intuitive Bedienung und Automatisierungsfunktionen wie Mahnungen und wiederholte Rechnungen machen Zervant zu einer pragmatischen Wahl für Dienstleistungsanbieter.
GetMyInvoices
GetMyInvoices ist keine klassische Buchhaltungssoftware, sondern spezialisiert auf das automatisierte Dokumentenmanagement. Es gibt keine expliziten Hinweise darauf, dass GetMyInvoices direkt ZUGFeRD oder XRechnung unterstützt, da sich die Software auf die Sammlung und Verwaltung von Rechnungen fokussiert. Sie lässt sich jedoch mit vielen Buchhaltungstools kombinieren.
Ausblick auf die E-Rechnungslandschaft
Mit dem wachsenden politischen und wirtschaftlichen Druck zur Digitalisierung der Rechnungsprozesse steigen die Anforderungen an Flexibilität und Standardkonformität von Softwarelösungen. Unternehmen, die auf cloudbasierte Tools mit integrierter Unterstützung für strukturierte Formate setzen, verschaffen sich dadurch eine zukunftssichere Basis für revisionssichere, automatisierte Prozesse.
Die Auswahl an rechtskonformen, benutzerfreundlichen und integrationsfähigen digitalen Tools wächst dabei kontinuierlich. Entscheidend ist die Abwägung zwischen Funktionsumfang, Kompatibilität mit bestehenden Systemen und individuellen Anforderungen des Unternehmens. Durch eine sorgfältige Prüfung der angebotenen Funktionen lässt sich eine Lösung finden, die sowohl den gesetzlichen Vorgaben entspricht als auch die interne Effizienz nachhaltig verbessert.
Bildnachweis
https://www.freepik.com/free-photo/invoice-bill-paid-payment-financial-account-concept_16483238.htm