Digitaler Darwinismus
Unsere Wirtschaftswelt befindet sich im digitalen Darwinismus: Neue Tools und Technologien kommen mit einer schwindelerregenden Geschwindigkeit auf den Markt, Branchengrenzen verschwimmen – und kein Unternehmen kann sich seiner Position sicher sein. Heutzutage kann ein junges, unbekanntes Startup traditionelle Geschäftsmodelle über Nacht obsolet machen und für eine Disruption ganzer Märkte sorgen. In so einer Welt voller digitaler Revolutionen bestimmt der digitale Darwinismus die Spielregeln. Nicht die solidesten, größten oder ressourcenstärksten Unternehmen behaupten sich am Markt – sondern diejenigen, die sich am flexibelsten an die schnell wechselnden Rahmenbedingungen anpassen können. Dafür bauen B2B-Unternehmen gerade fleißig neue digitale Kompetenzen auf.
Digital Natives auf dem Vormarsch
Und wer bringt bessere Digitalkompetenzen mit als all jene Generationen der „digital natives“ – also Menschen zwischen 19 und 39 Jahren, die mit dem Internet aufgewachsen sind? Diese Generationen drängen zunehmend in Entscheider-Positionen – auch im B2B-Einkauf. Aus dem „ B2B Buyer Report 2022“ des niederländischen Software-Unternehmens Sana geht hervor: Schon heute sind Millennials für etwa drei Viertel aller B2B-Kaufentscheidungen verantwortlich. Das B2B Insitute des Business-Netzwerks LinkedIn nennt diese neue Entscheider-Generation „BETA“. Was sie auszeichnet: Verschwommene Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem, ein großer Drang, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, eine hohe Technologieaffinität und politisches Engagement.
Die neue B2B-Einkaufgeneration ist gut informiert und sehr selbstbewusst. Sie probiert auch gerne neue Tools aus, wobei Usability und User Experience dabei im Fokus stehen. Wenn ein Tool nutzerfreundlicher ist als das bisherige, dann wechseln sie den Anbieter, ohne zu zögern. Und: Ihr Einkaufsverhalten ist wesentlich digitaler: Laut Gartner-Report „Future of Sales 2025“ bevorzugen 44 Prozent der Millennials keine direkte Interaktion mit einem Verkäufer. Damit stellen die jungen Verantwortlichen im B2B-Einkauf die Anbieterseite vor drei Herausforderungen:
- Die gesamte Kundeninteraktion verschiebt sich noch stärker in die digitale Welt.
- Anbieter sollten also mehr digitale Erlebnisse entlang der Customer Journey schaffen.
- Das erfordert die Entwicklung neuer Tools mit hoher Nutzerfreundlichkeit – oder eine Investition in externe Tools.
Neuausrichtung: das hybride Vertriebsmodell
B2B-Anbieter sollten die gesamte Kunden-Interaktion verstärkt in digitale Kanäle verlagern. Das bedeutet nicht, dass Vertriebsmitarbeiter komplett abgelöst werden. Aber die Kanäle im Omnichannel werden zunehmend digitaler. Es gilt, ein hybrides Vertriebsmodell zu entwickeln, in dem die Kundenseite während des Informations- und Bestellprozesses viel online selbst machen kann. Self-Service-Optionen wie Customization, Produkt-Generatoren o. ä. sind alles potenzielle digitale Services, die in die Customer Experience einzahlen. Face-to-Face-Beratung können die Kunden dann bei Bedarf anfordern: Ob beim Kunden vor Ort oder per Video-Call.
Die Frage für Verantwortliche lautet: Wie können wir mehr positive digitale Erlebnisse entlang der Customer Journey kreieren? Hier empfiehlt sich, die Customer Journey zu definieren, alle möglichen Kundenkontaktpunkte zu identifizieren – und kontinuierlich zu verbessern. B2B-Websites müssen auf den aktuellen technischen Stand gebracht werden. Es kann nicht sein, dass viele Anbieter immer noch Websites aus den 90er-Jahren haben – der digitalen Steinzeit. Der gesamte Online-Auftritt muss die neue Generation im B2B-Einkauf ansprechen und abholen, sonst geht dem Anbieterunternehmen bald die Kundschaft aus.
Digitale Tools mit B2C-Charakter
Wer nutzerfreundliche digitale Tools einsetzt, die schon fast B2C-Charakter haben, spricht die neue Käufergeneration an. Wenn ein Zulieferer immer noch mit Print- oder PDF-Katalogen im Do-it-Yourself-Design arbeitet, ist Handeln gefordert. Ein Webshop mit hochwertigen Produktfotos und einfacher Bedienbarkeit sind mittlerweile Pflicht. Die Unternehmenswebsite ist heute weit mehr als eine digitale Visitenkarte – sie ist ein Lead-Generator. Kunden sollten hier direkten Zugang zu Informationen rund um die Produkte erhalten – z. B. über Blogbeiträge, Whitepaper oder Success Stories.
Die Customer Centricity im Hinterkopf, stellt sich auch die Frage: Gibt es digitale Tools, die die Interaktion zwischen Käufer- und Anbieterseite erleichtern? Dann sollten Unternehmen sich diese Tools anschaffen oder selbst entwickeln. Zum Beispiel digitale Kundenplattformen. Hier kann die Käuferseite Produkte online bestellen und hat Zugang zur individuellen Einkaufshistorie sowie anderen Selbstbedienungskomponenten. Die Anbieterseite bekommt dadurch einen direkten Feedback-Kanal, in dem Kunden ihre Erfahrungen zu den Produkten und Services teilen und sich an Optimierungen beteiligen.
Fazit: B2B-Vertrieb neu denken
So, wie sich der B2B-Kaufprozess verändert hat, sollte sich auch die Vertriebsstrategie verändern. Verkäufer sind weiterhin ein wichtiger Kontaktpunkt im Omnichannel – aber eben nicht mehr der einzige Kanal für Kunden. Nutzerfreundliche digitale Kanäle sind der Schlüssel zum Vertriebserfolg mit der neuen Generation an Kaufentscheidern. Das Ziel ist „B2B like B2C“. Nur, wer die Strukturen, Prozesse, Menschen und Tools für einen hybriden Vertrieb schafft, kann im digitalen Darwinismus bestehen. Professionelles Coaching und umsetzende Beratung von außen sind dabei wichtige Beschleuniger und Enabler für Unternehmen.
Key Takeaways
- Junge Generationen rücken zunehmend in Entscheiderpositionen des B2B-Einkaufs. Das macht ein Umdenken in der Kundenansprache erforderlich.
- Anbieterunternehmen müssen mehr positive digitale Erlebnisse entlang der Customer Journey schaffen, um die neue B2B-Generation als Kunden zu gewinnen und zu binden.
- Mit dem passenden Coaching und unterstützender Beratung können Unternehmen ihre Vertriebsstrategie besser an die neue Generation ausrichten und für nachhaltigen Mehrwert sorgen.
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