CORRECTIV und Frontal 21-Recherche

Das Milliardengeschäft mit den Beatmungspatienten

Essen (ots) - "Nach wie vor ausgenutzt" - Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sieht Regulierungslücken auf dem Markt für ambulante Intensivpflege. Eine Recherche von CORRECTIV und dem ZDF-Magazin Frontal21 zeigt, wie Patientinnen und Patienten in Beatmungs-WGs Teil eines lukrativen Geschäftsmodells sind - das durch die Corona-Pandemie noch wachsen könnte.

Der Markt von sogenannten Beatmungs-WGs boomt, aber bisher gibt es in diesem Bereich der Pflegebranche keine verlässlichen Qualitätsstandards, nur wenige Kontrollen und keine belastbaren Zahlen. Derzeit werden geschätzt 20.000 bis 30.000 Patienten ambulant in Wohngemeinschaften versorgt - 20 bis 30 mal so viele wie noch 2005.

Dieser starke Anstieg lasse sich mit fachlichen Gründen kaum erklären, sagt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach: "Medizinisch macht es keinen Sinn, dass es so stark zugenommen hat. Es ist auf jeden Fall dringend nötig, dass das untersucht wird."

Die Versorgung von Beatmungspatienten ist für Intensivpflegedienste ein lukratives Geschäft. Anbieter können bei den Krankenkassen pro Patient im Monat 10.000 bis 25.000 Euro abrechnen, manchmal sogar mehr. Schätzungen zufolge werden auf dem Markt jedes Jahr zwei bis vier Milliarden Euro umgesetzt.

Ohne medizinischen Grund in die Länge gezogen

Pfleger und Ärzte berichten CORRECTIV und Frontal21 über Fälle, bei denen die Versorgung mit maschineller Beatmung oder Trachealkanüle ohne medizinischen Grund in die Länge gezogen worden sei. Neben zweifelhaften Anbietern mit starkem Fokus auf die Rendite gibt es Beatmungsdienste, die sachgemäß arbeiten, und für Patientinnen und Patienten, die noch geistig wach und eigenständig sind, können solche WGs auch die richtige Lösung sein.

Lauterbach (SPD) spricht von einem "riesigen Qualitätsspektrum": "Der Bereich ist unterreguliert. Es gibt Anhaltspunkte zu glauben, dass die Situation nach wie vor ausgenutzt wird." Obwohl 2020 ein Gesetz für bessere Standards in der Intensivpflege verabschiedet wurde, sollen die meisten neuen Regelungen erst ab Oktober 2023 gelten.

Die Corona-Pandemie könnte das Wachstum der Branche weiter beschleunigen. Die Bundesregierung hat bisher kein Konzept vorgelegt, wie langzeitbeatmete Patientinnen und Patienten nach der Entlassung von den Intensivstationen weiter versorgt werden sollen. Laut Bundesgesundheitsministerium seien dafür die Selbstverwaltung und die ärztlichen Fachgesellschaften zuständig.

Die Recherche finden Sie ab 11.05., 18 Uhr unter https://correctiv.org/?p=81393

Pressekontakt:



Gabriela Keller
Reporterin
Mail: gabriela.keller@correctiv.org
Tel: 0157-87017678

Justus von Daniels
Chefredakteur
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